An dieser Stelle möchte ich verdeutlichen, um was es in der Aufgabe 3d der Klausur 9.2011 eigentlich geht.
In der Teilaufgabe 3c ging es um die Berechnung der Steigung der BP-Kurve. In der Teilaufgabe 3d soll das Ausmass der BP-Verlagerung (!) im Falle einer Wechselkursänderung bei konstantem Zins berechnet werden.
Unterstellen wir nun eine Wechselkurserhöhung (= Abwertung). Es geht dann bei dieser Teilaufgabe 3d um das Ausmass der Einkommenserhöhung, das erforderlich ist, um trotz einer Wechselkurserhöhung (= Abwertung der inländischen Währung) das aussenwirtschaftliche Gleichgewicht (= Devisenmarktgleichgewicht) bzw. die Konstanz bzw. die ursprüngliche Höhe des Aussenbeitrages zu wahren. Das aussenwirtschaftliche Gleichgewicht liegt vor, wenn der nominale Aussenbeitrag (P NX) der nominalen Nettokapitalausfuhr (NKA) entspricht (P NX = NKA bzw. P NX - NKA = 0). Da gemäß Aufgabenstellung der Zins konstant ist, ist damit auch die Nettokapitalausfuhr konstant. Durch die Erhöhung des Wechselkurses nimmt der Aussenbeitrag zu, so dass sich hierdurch ceteris paribus ein Ungleichgewicht auf dem Devisenmarkt bzw. ein Devisenangebotsüberschuss einstellt: P NX > NKA bzw. P NX - NKA > 0.
Das aussenwirtschaftliche Gleichgewicht kann - bei kostantem Zins (i) bzw. NKA - nur wieder erreicht werden, wenn durch eine Einkommenserhöhung die importe so stark steigen, dass sich hierüber wieder der Aussenbeitrag auf seine ursprüngliche Höhe reduziert (P NX = NKA) Exakt diese Einkommensänderung ist bei dieser Aufgabe zu berechnen. Dieser Einkommensanstieg gibt das Ausmass der Rechts (!) verlagerung der BP-Kurve an.
Die Verschiebung der BP-Kurve (wie auch der IS- und LM-Kurve) kann natürlich nicht nur an der Y-Achse (wie in der Teilaufgabe 3d) , sondern auch an der i-Achse gemessen werden. Eine Wechselkurserhöhung verlagert die BP-Kurve also nicht nur - waagerecht bzw. horizontal - nach rechts (entlang der Y-Achse), sondern auch - senkrecht - nach unten (entlang der i-Achse).
Soll bei einer zukünftigen Aufgabe die Verlagerung nach unten bzw. nach oben berechnet werden, müsste die Aufgabe wie folgt lauten:
"Berechnen Sie, wie der Zins i bei gegebenem Einkommen (dY = 0) auf eine Änderung des realen Wechselkurses q reagieren muss, damit das aussenwirtschaftliche Gleichgewicht bestehen bleiben kann".
In diesem Falle muss die Devisenmarktgleichung des Modells nach i und q differenziert werde und dann nach di/dq aufgelöst werden. Das Vorzeichen von di/dq ist negativ.
Begründung: Durch eine wechselkursinduzierte Zunahme des Aussenbeitrages (Abwertung) entsteht - wie schon erwähnt - ein Devisenangebotsüberschuss (P NX > NKA). Damit das aussenwirtschaftliche Gleichgewicht wieder erreicht wird, bedarf es bei einem konstanten Einkommen nun einer ganz bestimmten Zinsabnahme. Diese Zinsabnahme steigert nämlich die Nettokapitalausfuhr im gleichen Ausmass wie der Aussenbeitrag gestiegen ist (PNX = NKA). Mit anderen Worten: Bei unverändertem Einkommen verlagert sich im Falle einer Wechselkurserhöhung die BP-Kurve - entlang der i-Achse - senkrecht nach unten. Der "Multiplikator" di/dq gibt somit das Ausmass der Zinsänderung bzw. das Ausmass der Verlagerung der BP-Kurve senkrecht nach unten an.
Eine ganz ausführliche Erörterung von Kurvenverlagerungen findet sich auf meiner Homepage
www.marx-hilfe.de unter der Rubrik Textproben und zwar bei der kostenlosen Textprobe "Keynesianisches Grundmodell".