Infos und Tipps I. Wie bestehe ich die schriftliche Steuerberater-Prüfung? | 4. Klausurenkurs

Münchner Kindl

Tutorin und Forenadmin
Ort
München
Studiengang
M.Sc. Wirtschaftswissenschaft
ECTS Credit Points
120 von 120
Wissen & Prüfungssituation einüben: Klausurenkurs mit 18 Klausuren (20. August - 13. September 2018)

Am Tag nach dem Ende des Tageskurses, startete der Endriss Klausurenkurs am 20. August 2018 und da wurde man ins kalte Wasser geworfen:
auf einmal bekam man um 8:30 eine Klausur ausgeteilt und sollte sie dann in 6 Stunden bis 14:30 lösen.

Das erste Gefühl beim Anschauen der Aufgaben: das kann ich nicht!
Tja, das ist kein angenehmes Gefühl, aber besser man hat den Schock jetzt als in der echten Prüfung.

Man wurschtelt sich dann so durch, hangelt sich durchs Gesetz, schaut ob in den Richtlinien was genau zu dem Fall steht, und wenn alle Stricke reißen, vielleicht gibt es ja ein BMF-Schreiben wo genau der Fall beschrieben ist.

Irgendwie bringt man doch etwas zu Papier, und am Ende hat man einen hochroten Kopf und ist durchschwitzt (aber das schiebe ich eher auf die Tatsache, daß die Klimaanlage nicht eingeschaltet war, es draußen über 30°C waren und der Saal direkt unter dem Dachstuhl war).
Und man hat das Gefühl, eben den ersten Sechser seiner Karriere produziert zu haben (war aber dann doch nicht so schlimm, die Klausur kam mit einer 4,0 zurück).

Die ersten 5 Klausuren wurden auch eingesammelt (bzw. man schickt sie selber per Post an den Korrektor) und kamen nach 3 Wochen korrigiert und mit Note zurück.
Für die restlichen 13 Klausuren bekam man nur die Musterlösung.

Dann eine Stunde Mittagspause und danach besprach ein Dozent die Klausur.
Mit einer abartig laut aufgedrehtem Lautstärke (besonders schlimm wenn man wie ich direkt neben einem der Lautsprecher des Saals sitzt), daß man am Ende mit Kopfschmerzen nachhause geht.

Offiziell hätte das um 18:00 enden sollen, es gab technische Schwierigkeiten am Anfang (Beamer ging nicht), weswegen sich das ganze nach hinten verschob.
Aber ich hatte um 18:00 die Nase voll, das Geschrei da vorne hatte für mich keinen sonderlichen Mehrgehalt, nein, es interessierte mich nicht, daß der Dozent mit eben diesem total veralteteten Fall zu "einbringunsgeborenen Anteilen" (es ging um etwas, das es seit 15 Jahren nicht mehr im Gesetz gab), vor über 20 Jahren vor dem BFH gewonnen hatte!
Man hörte den Dozenten noch klar und deutlich auf der anderen Straßenseite, so laut hatte er aufgedreht.

Nun, am nächsten Tag war ich krank, erst 6 Stunden unter dem heißen Dachstuhl, dann die akustische Folter, das war zuviel für mich gewesen.
Auch waren in dem Kurs aufeinmal über 100 Leute, es waren auch die Leute vom Endriss-Samstagskurs und vom Endriss-Kombikurs hinzugekommen.
Und es waren zuwenig Tische für all die Leute im Saal, sodaß ich mich an die Tischkante zwischen 2 Tische setzen mußte und versuchen mußte, meinen Nachbarinnen links und rechts möglichst wenig Platz wegzunehmen, den sie eigentlich für ihre 3 Backsteine brauchten (das ging einigermaßen, ich brauchte ja nur 1 BMF-Handbuch statt der 3 Backsteine wie die anderen).

Andere mußten sich auch dazwischen quetschen, siehe Bild aus dem Klausurenkurs:
Endriss Klausurenkurs, anonymisierte Gesichter IMG_20180820_150240.jpg


Also rief ich bei Endriss an, und ließ mir die Klausuren nachhause schicken, und ab dann hieß es, wie @Antonio so schön sagt: Prüfung dahoim!
Die nächsten 4 Klausuren schickte ich wieder eigenständig ein, und überdies sparte ich mir die 2 Stunden Fahrzeit jeden Tag.

Endriss bot mir an, in den Online-Klausurenkurs zu wechseln, aber der kostete genauso viel, und da hätte ich mir die Klausuren und Musterlösungen selber ausdrucken müssen, so habe ich sie von Endriss ausgedruckt zugeschickt bekommen.
Zwar hätte ich mich im Online-Klausurenkurs jeden Nachmittag in die Videokonferenz-Klausurbesprechung zuschalten können, aber ich kam auch ohne Dozent, der mir die gedruckte Musterlösung erklärt, gut zurecht.

Bei den restlichen 13 Klausuren bin ich dann von dem vorgeschriebenen Pfad abgewichen, ich bin wieder in den Lernmodus gewechselt, d.h. ich habe keine Komplettlösung in 6 Stunden geschrieben, sondern nur kurz die Paragraphenketten aufgeschrieben, und habe dann sofort die Musterlösung durchgearbeitet.

Warum?
Weil ich das Gefühl hatte, daß ich in allen Fächern außer Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer noch enorme Wissenslücken hatte, trotz des Tageskurs.
Ich hechelte nur hinterher, und das Gefühl gefiel mir gar nicht, das bin ich nicht gewöhnt.

Also habe ich meine Zeit jeden Tag effizienter genutzt, indem ich mir das noch fehlende Wissen zusammensuchte (dafür war das online Smartsteuer-Lexikon, wie schon im Studium, eine exzellente Quelle, denn sie haben immer viele Beispiele bei den Artikeln).

Die Endriss-Skripte wären auch gut als Nachschlagwerke geeignet (sie haben auch viele Beispiele), aber sie haben leider kein Stichwortverzeichnis hinten, wie es Bücher haben, und so war es schneller, einfach mit Google die Smartsteuer-Webseite nach dem "Suchbegriff" zu durchsuchen um den passenden Lexikonartikel zu finden, z.B. zum Verlustabzug des Kommanditisten, also §15a EStG: https://www.google.de/search?q=§15a+EStG+site:smartsteuer.de

Eigenartigerweise sind die Smartsteuer-Artikel die ge-updateten (und vor allem fehlerlosen!) Versionen der wirklich miesen Bände 1-3 der roten Reihe aus meinem 1. (erfolglosen) Versuch.
Sowohl der Schäffer-Poeschel-Verlag als auch Smartsteuer.de gehören (ebenso wie Lexware) zur Haufe-Gruppe, also wäre es ihnen sehr wohl möglich gewesen, auch die Bücher ordentlich upzudaten, statt sie jedes Jahr unverändert - nur mit der neuen Jahreszahl auf dem Cover - unters Volk zu bringen.

Aber Achtung!
Man muß, wenn man wie ich von dem vom Kursanbieter vorgesehenen Pfad abweicht, diszipliniert genug sein, um selbständig "Schritt zu halten" mit dem echten Kurs, also wirklich nur einen Tag mit der Klausur verbringen und dann gnadenlos zur nächsten wechseln.

Nach der miesen ersten Woche im Klausurenkurs, in der ich mich brav an die Vorgaben des Anbieters gehalten hatte, fand ich auf meinem abweichenden Pfad wieder zu meinem altgewohnten, normalen Lernrhythmus zurück und es fing wieder an Spaß zu machen!




Meine Bewertung des Endriss-Klausurenlehrgangs:

Im nachhinein muß ich sagen, daß ich gegenüber dem Endriss Klausurenkurs ein zwiespältiges Gefühl habe, insgesamt ergibt sich wohl die Note 2-.

Die Fächer, bei denen auch die Dozenten im Tageskurs ausgezeichnet waren (KSt+UmwStG Hr. Ulrich Breier, USt Frau Anika Voß, PersG Herr Alexander Horst) hatten auch vernünftige Klausuren, die im Endeffekt in dem Stil und in der Schwere genauso wie die richtige Prüfung im Oktober waren, diese Klausuren waren also gut investiertes Geld.
AO und ErbSt waren auch passend zur echten Prüfung.

Aber ESt und GewSt waren total am Ziel vorbei, x-Sonderfälle die teilweise total veraltet waren und nicht das wiederspiegelten, was dann in der echten Prüfung drankam - das waren nämlich "praktische" Fälle, die einem Steuerberater im echten Leben auch oft begegnen.

Bilanz, naja, da waren auch Abweichungen in den Schwerpunkten zwischen den Endriss-Klausuren und der echten Prüfung. Aber in Bilanz ist es auch wirklich schwer die echte Prüfung zu treffen, das Gebiet ist einfach zu breit.

Ich fand es sehr hart, direkt ohne Verschnaufpause vom Tageskurs in den Klausurenkurs zu wechseln, mir fehlte gefühlt noch ein Monat dazwischen, um den Stoff auch wirklich einzuüben.
Wie gesagt, im nachhinein hätte ich das lieber gestreckt, indem ich schon mit dem Kurs im Juni des Vorjahres angefangen hätte.

Ich habe mir auch die Klausuren anderer Anbieter angeschaut (Knoll hatte ich ja selber aus dem erfolglosen 1. Versuch, und dann noch GFS, Bannas, Neufang, Tillmann, und Abakus) - unter der Hand bekommt man alles - von allen fand ich am ähnlichsten mit der echten Prüfung:
  • was für ein Zufall: die alten Original-StB-Klausuren der Vorjahre (in USt kam z.B. etwas dran, was 1:1 schon in einem Vorjahr drankam). Das Problem ist nur, seit 2016 veröffentlicht die Finanzverwaltung die Klausuren nicht mehr, also haben alle Lehrgangsanbieter (auch Endriss) immer nur die Klausuren bis 2015, deren Lösungen sie jeweils auf den neuen Rechtsstand anpassen.
  • die GFS-Klausuren (15 Basis-Klausuren für 400€, und 27 Standard-Klausuren für 800€), dort kann man alle seine Klausuren einschicken und bekommt sie korrigiert und benotet zurück.
    Das hätte ich gebucht, falls ich im 2. Versuch durchgefallen wäre: GFS Klausurenkurse - Originalklausuren - Steuerberaterprüfung Klausuren. Die GFS bietet Ihnen Klausurenkurse zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung 2020 und die Steuerfachwirtprüfung.
    Von GFS hatte ich schon im 1. Versuch die sehr einfach und gut erklärten und vor allem kurzen(!) Lösungen der Originalklausuren gekauft. Und auch die Lösungen zu ihren beiden Klausurenkurse waren schön kurz.
    Warum lobe ich die Kürze der Antworten?
    Diese Prüfung ist so angelegt, daß niemand alles schafft, also wenn man sich angewöhnt, die Punkte mit einer knappen Formulierung abzugreifen, wird man mehr Punkte sammeln als jemand, der Romane schreibt. Und die GFS-Lösungen gehen da mit gutem Beispiel voran.




Es geht hier weiter mit dem Erfahrungsbericht:
I. Wie bestehe ich die schriftliche Steuerberater-Prüfung? | 5. Original-Klausuren aus Vorjahren
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben