Natürlich möchte der Lehrstuhl Kubis, dass die Betroffenen ihren Widerspruch zurückziehen. Da geht mir aber langsam der Hut hoch.
Dahinter steckt kaum die Befürchtung von Schadensersatzansprüchen. Um so einen Anspruch durchzusetzen, müsste der Betroffene nachweisen, dass die Bewertung im Einzelfall fehlerhaft war, dass diese fehlerhafte Bewertung ursächlich für eine Verlängerung der Studiendauer war, dass hierdurch wiederum eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht wahrgenommen werden konnte (die derzeit ja noch in der Zukunft liegt und daher nicht spezifiziert werden kann) und schließlich müsste man noch belastbar darlegen, welchen materiellen Nachteil man hierdurch erlitten hat. Das kann man komplett vergessen. Hinzu kommt noch, dass man (zumindest mittelbar) einen juristischen Lehrstuhl als Gegenpartei hat.
ABER:
Das Problem, welches sich Herrn Kubis stellt, ist die Beschädigung der Reputation des Lehrstuhls und damit auch unmittelbar seines persönlichen Rufes. Fakt ist, dass eine Durchfallquote von 94% nicht allein auf die Studierenden zurückgeführt werden kann. Hier hat der Lehrstuhl definitiv in seinem Lehrauftrag versagt. Und das möchte der Lehrstuhlinhaber natürlich nicht an die große Glocke hängen. Sofern eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Widersprüchen zu einer Klausur beim Prüfungsamt eingeht, muss der Lehrstuhl hierzu Stellung nehmen. Das kann möglicherweise unangenehme Folgen haben (die ich nicht abschätzen kann, da ich die interne Struktur und die Verwaltungsprozesse der Fernuni nicht kenne). Eventuell muss Herr Kubis in einigen Gremien under der Uni-Kanzlerin/Präsidentin darlegen, wie es dazu kommen konnte. Und hier kommt er in Erklärungsnot, weil er kaum behaupten kann, dass (fast) alle Studieren dumm (zumindest zu dumm für seine Klausur) sind.
Wenn jedoch die meisten Widersprucheinleger ihren Widerspruch zurückziehen, verschwindet die Widerspruchsquote im Durchschnitt und Herr Kubis ist fein raus. Er kann die ganze Problematik dann als einen "Irrtum" darstellen.
Eigentlich müsste in solchen Fällen das Qualitätsmanagement der Fernuni greifen. Ist aber wohl eher ein zahnloser Tiger.
Andere Lehrstühle sind da cleverer: Wenn eine Klausur daneben geht, wird sie hochgesetzt. Aus meiner Sicht ist dies das konkludente Eingeständnis, dass auch der Lehrstuhl einen Fehler gemacht hat (was ja durchaus vorkommen kann: falsche Einschätzung der Schwierigkeit einer Klausur, Schwerpunkt im Nebengebiet, Fehler im Sachverhalt etc.). Der Lehrstuhl Kubis sieht sich aber offensichtlich als unfehlbar. Dies führt jedoch zu einem gravierenden Problem: Wenn sich jemand für unfehlbar hält, kann er nicht aus seinen Fehlern lernen (da er ja nach seiner Meinung keine macht).
Achja, so nebenbei bemerkt:
Wenn in der Privatwirtschaft der Ausbildungsbeauftragte solche Durchfallquoten hätte (er also die Qualifizierung der Beschäftigten nicht sicherstellen könnte), wäre er längst seinen Job los.
Das sind meine 2 Cents zu dem Thema,
gcrus